Alles hat seine Zeit...Sein und Werden

Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist: Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben. Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen.
Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen.
Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden.
Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden. (Prediger 3, 1 - 8, die Bibel)

30. Oktober 2019

Was bisher geschah...

Hallo, lieber Mensch! - vermutlich Elternteil oder anderweitig an Eltern-Menschen oder Kindern interessiert

Es ist ein Punkt erreicht nach etwa 3 Jahren, der mir in sich zuspitzender Weise sagt: "Schreib, schreib dir alles von der Seele. Vielleicht hilfts oder erheiterts oder kommt bekannt vor - mir, dir, irgendjemanden."

Nach 3 Jahren Schreibpause, die auf eine kurze eineinhalbjährige Blogautoren-Karriere folgte, nutze ich also einige ruhige Minuten meines mütterlichen Daseins und schreibe in die Welt.

Kurz zusammengefasst, was bisher geschah: Ich wurde 3 Jahre älter, mein Mann auch, mein Kind auch. Der wurde übrigens auch großer Bruder. Also aus 3 mach 4. Aus Eltern wurde elterer :). Klein-Bub wurde im Sommer 2018 geboren. Um Vieles abzukürzen: Klein-Bub ist ein absoluter MiniMe. Er sieht aus wie ich, er hat mein Temperament, mein Stimmkraft und...meine Haare. Klein-Bub war als Baby-Bub by the way ein Schreikind. Also neue Extremerfahrung inklusive. Dafür hab ich jetzt ein Thema für meine Master-Thesis. Vielleicht irgendwann mal mehr dazu.
Achja, ich bin hoffentlich bald fertig mit meinem Studium, das ich begonnen hatte als Groß-Bub etwa eineinhalb Jahre war.
Schon langsam, nach 16 Monaten 2-Kind Mama kommen gewisse Freiheiten wieder zurück. Weswegen ich es wohl auch wage, ein paar Zeilen zu kloppen. Ich bin noch nicht wieder im Berufsleben, aber im mir so lieben, kreativen Schaffen. Musik, Konzerte, Gestaltungen von festlichen Anlässen, usw.

Während ich bei Kind 1 zu dieser Zeit bereits wieder top in Form war, besser als jemals zuvor, wäge ich in dieser Lebensphase mein Aussehen gegen den nächsten seelenschmeichelnden Zuckerkick ab und entscheide mich meist für Schokolade, Kleingebäck und Co. Ich will es so ausdrücken: "Die Zeit ist noch nicht reif - für eisernen Willen und regelmäßiges Workout". Aber montags - da stemm ich Gewichte, 90 min lang lass ich mich gegen Bezahlung (also, die Trainerin wird bezahlt) quälen. Danach spür ich mich wieder so richtig - meist den Rest der Woche - schmerzhaft. Jede einzelne Muskelfaser meines Körpers.

Zum Schreiben wieder loszulegen hat mich meine BFF ermutigt, nachdem sie sich eine von mir sehr lebhaft geschilderten Szene meines Alltags angehört hat, die mein Leben mit zwei extravertierten, lebhaften und sehr willensstarken Jungs sehr gut beschreibt:

Ich, bekennender mit-Kinder-kreativ-sein-Muffel, habe mich dazu aufgerafft, anlässlich des nahenden Wiegenfestes meines Mannes und ihres Papas, mit den Jungs ein Gemeinschaftsbild zu malen. Nun, es war auch das die erste wirkliche Erfahrung mit Fingerfarben für meinen Klein-Bub. Die Hauptfarbe des Wunschmotives (welches ich noch nicht verraten darf, da Papa still und heimlich mitliest) ist die Farbe Braun. Die Kinder in Position (was bedeutet, dass Klein-Bub an seinen Sessel geschnallt wird - i know, voll nicht artgerecht und Pikler und so - aber rauskrabbeln und runter krachen und zwar ständig ist einfach auch eher ungeil), voller Tatendrang und mit überschaubar wenig Kompetenz auf etwas zu warten, wollen loslegen. Mama merkt, dass sie die Farbe Braun nicht besitzt. Also kramt sie aus dem hintersten Eck der Farbenlehre folgendes Halbwissen: Alle Farben zusammenmatschen = Braun. Falsch. Es ergibt Schlammgrau. Google hat es besser gewusst. Neuer Versuch, nun mit vehement ausgedrückter Ungeduld der Jungs. Vor allem Klein-Bub, der inzwischen sämtliche - bis dato noch unbenützte - Pinsel auf Halt und Beschaffenheit prüfte - oral, natürlich.
Nach langer Vorbereitungsarbeit folgte nun die Gestaltung des Bildes. Es wurde getupft, geschmiert, gekleckert - so wie es sich für ein anständiges Bild von Kindern für Eltern gehört. Nach erledigter Aufgabe war sogar noch soviel brüderliche Eintracht vorhanden, um den Kindern herbstliche Farben zu überlassen, die sie dann gemeinschaftlich mit Pinsel und Fingern auf ein weißes Blatt, wahlweise auch auf Gesicht verteilten. Es waren fast schon idyllische 3, 34 min. kreativen Gestaltens.
Wieviel Impulskontrolle und Emotionsregulationsenergie mir diese kurze Aktion bis dahin abverlangte bleibt Subtext und kann vielleicht von Gleichgesinnten mit ähnlichem Temperament und ähnlich geringer Toleranz von ÜBERALL verteilter Farbe  nachvollzogen werden. Mein Kortisol- Spiegel (Stresshormon) war dementsprechend hoch bis gesundheitsschädlich.
Nachdem nach den 3, 34 min. brüderlichem Bastelspaß die Stimmung langsam kippte, begaben sich die beiden wieder weiter weg voneinander und Groß-Bub beschäftigte sich erstaunlicherweise nocheinmal mit der Optimierung des geplanten Kunstwerks.
Da meine Hände all over beschmiert für jeglichen weiteren Einsatz unbrauchbar beschmutzt waren, hatte ich das starke Bedürfnis, diese zu waschen.
Mit den Worten: "Ok Jungs, ich gehe mir jetzt für 5 Sekunden meine Hände im Bad waschen. Versucht bitte keinen Fleck in unser Papa-Bild zu machen, schlagt euch nicht die Köpfe ein und esst nicht zuviel Farbe! 5 Sekunden, okay?"
Nach 3 Sekunden komm ich zurück und es eröffnet sich mir folgendes Szenario:
Groß-Bub kleckst einen dicken Patzen braune Farbe mitten auf das Gemeinschaftsbild, Klein-Bub schreit (wahrscheinlich, weil er eine über gezogen bekam - wer weiß) und lutscht am grün-gelb-rotbraunen Pinsel, nachdem er sich den Inhalt des Farbbechers auf Ohren und Augen verteilt hatte.

War ja auch meine Schuld. Lektion 1 jedes Kommunikationstrainings: Sätze mit "nicht" können vom Gehirn NICHT umgesetzt werden und werden, vorzugsweise von Menschen im einstelligen Jahresbereich, als Aufforderung gesehen.

Lektion 22987 der Mutterschaft: 15:50Uhr ist eine durchaus passende Zeit für ein entspannendes (muhahahahahahah  - sie hat entspannend geschrieben), reinigendes Bad für kleine Jungs.

That´s my life.

Wir lesen uns. Wenn du willst.


5. September 2016

Mein Geständnis

Vor ein paar Tagen, als ich in der herrlichen Abendsonne am kroatischem Meer das Streicheln des Allmächtigen höchstpersönlich im sanften Wind auf meiner Haut spürte, den salzigen, herrlichen Meeresduft roch - der mir auch dann noch angenehm vertraut sein würde, wenn mein Augenlicht versagte -, ich dem sanften Plätschern und Rauschen des Meerwassers, dass seine Wellen an den Felsen zerschellt lauschte, in der Ferne das Krächzen der Möwen und Geschnattere der Urlauber hörte und dabei mein Körper und mein Geist all diese Schönheit wie ein Schwamm aufsogen, schweifte mein Blick zu meinen Männern - dem Großen und dem Kleinen - und ich dachte mir: IHR seid nicht zu übertreffen, nicht mal vom wunderschönen, betörenden, unendlich scheinenden Meer.
Und gerade deswegen wird es Zeit für eine Rückschau, eine ehrliche, schonungslose Bilanz meiner letzten 19 Monate als Mama. Lesen auf eigene Gefahr! Denn ich muss hier einige Geständnisse machen, die vielleicht nicht jeder gerne hört oder lesen möchte. Doch dies ist jedem selber überlassen - ich will es schreiben. Vielleicht nur für mich, vielleicht auch noch für jemanden, der sich darin wiederfindet.

Geständnis Nr. 1: Ich war noch nie so verunsichert wie jetzt.
In meinem Leben vor meinem Kind war ich sehr selbstbewusst, wusste was und wohin ich wollte. Manche Menschen, vor allem mein Mann, konnten sich darauf verlassen, dass ich sagen würde, in welche Richtung es gehen sollte, was meine Meinung und meine Entscheidung zu etwas ist.
Seit der Geburt meines Sohnes ist dieser entscheidungsfreudige Charakterzug so gut wie verloren gegangen. Ich bin, was Entscheidungen angeht, sehr unschlüssig geworden. Ich tue mich sehr schwer mit dem Fällen von Entscheidungen. Ich habe meist Angst vor negativen Folgen oder Konsequenzen für meine Familie. In jede Entscheidung fließt seit der Geburt meines Sohnes sein Wohlbefinden und seine Gesundheit mit ein. Nein, viel mehr noch: es ist die erste Priorität. Nicht, dass ich ihn aktiv miteinbeziehen müsste, sondern viel eher kann ich gar nicht anders. Was mich zum zweiten Geständnis führt:

Geständnis Nr. 2: Dieser "du-trägst-dein-Herz-außerhalb-Kitsch" ist wahr.
Mein Wohlbefinden ist davon abhängig, ob es meinem Kind gut geht. Das ist nicht unbedingt positiv, aber es ist halt so. Wenn mein Kind weint, weint mein Herz. Wenn mein Kind lacht, lacht mein Herz. Wenn mein Kind leidet, leidet mein Herz. Wenn mein Kind genießt, genießt mein Herz. ALLES, was mein Kind betrifft, betrifft unmittelbar MICH bzw. mein Herz. Ich denke, je älter sie werden, desto abgelöster wird man. Doch ich glaube auch, dass das die eigene Person betrifft und nicht das Herz. Ich denke, in mein Herz ist für alle Zeit sein Name, sein Gesicht, sein Lachen, sein Weinen und seine Geschichte eingemeißelt.

Geständnis Nr. 3: Nichts ist wie es einmal war.
Egal welcher Lebensbereich, es ist nichts, wie es einmal war. Die Geburt meines Sohnes hat unsere Lebensgeschichte umgeschrieben. Es ist unfreier geworden, fremdbestimmter, eingeschränkter, komplizierter. Ob es sich um die Treffen mit Freunden, unsere Freizeitakitvitäten, unseren Tagesablauf, unser Liebesleben, unsere Hobbies, unsere Beziehung, unsere Bedürfnisse betrifft - es hat sich alles verändert. Ich hätte es mir vorher nicht vorstellen können, dass es sich jemals so verändern kann, aber es ist von einem auf den anderen Tag einfach so passiert.
Alles wurde anders. Bunter. Liebe-voller. Herrlicher. Gemeinsamer. Strukturierter. Chaotischer. Flexibler. Starrer. Verbundener. Lustiger. Schöner. Spannender. Familie eben.

Geständnis Nr. 4: Meinen Körper, wie er vor der Geburt war, gibt es nicht mehr.
Mein Körper hat innerhalb von 15 Monaten 25kg zu und 37kg abgenommen. Meine Haut am Bauch ist gerissen, ausgeleiert und lässt sich wie ein lustiger schlabbriger Luftballon wabbeln. Was meinem Sohnemann große Freude bereitet, wenn er genüsslich hineinkneift. By the way - auch, wenn die Haut und das Gewebe kaputt sind, Gefühl hab ich da ja noch immer :/.
Ich mache seit Februar aktiven Sport, aber habe leider nicht die besten Gene und kein gutes Bindegewebe. Damit werde ich leben müssen, denke ich. Auf der anderen Seite bin ich fitter als jemals zuvor. Mir ist der sogenannte Knopf aufgegangen. Ich musste meinen Lebensstil völlig umkrempeln, wenn ich gesund bleiben und halbwegs eine Form behalten will. Ich bin zu einem kleinen undercover Fitness-Fan geworden. Die, die mich persönlich kennen, wissen, dass sich diese Tatsache so ähnlich wie das mit den fliegenden Schweinen verhält. Ich habe seit jeher Sport zu meinem persönlichen Feind erklärt. Aber es musste ja so kommen, lebe ich ja unter anderem nach der Prämisse "Liebe deine Feinde!" :). Ich bin also eine von diesen total nervigen, ich-bin-jetzt-zuhause-mein-Körper-gerät-aus-den-Fugen-ich-muss-was-dagegen-unternehmen-und-verdiene-mir-mit-dem-xsten-Fitnessprogramm-Geld-dazu-Mamas ohne Promistatus und ohne Geldverdienen halt.

Geständnis Nr. 5: Ich versage. Jeden Tag.
Vorm Mamasein war ich ein recht selbstbewusster Mensch. Was zumindest die Interessen und Schwerpunkte angingen, die ich in meinem Leben lege. Und wenn ich nicht selbstbewusst war, konnte ich mein Umfeld dennoch glauben machen, dass ich Ahnung habe. Seit der Geburt meines Sohnes gibt es dieses Selbstbewusstsein weder im Sein, noch im Schein. Jeden Tag versage ich, verhalte mich falsch, gebe zu wenig, entscheide ich verkehrt, bin meinen Unzulänglichkeiten als Mama und als Mensch, die bzw. der ich sein möchte, ausgeliefert. Und dessen bin ich mir bewusst. Ich hätte ihn noch mehr tragen sollen, hätte ihn an ein Familienbett gewöhnen sollen, sollte ihm keinen Zucker geben - niemals, hätte länger stillen müssen, hätte erkennen müssen, dass er zu wenig bekam als er gestillt wurde, sollte ihn mehr fördern, sollte meinen Haushalt ordentlicher führen, müsste noch mehr und konsequenter Sport machen, sollte noch gesünder essen, hätte nur Holzspielzeug anschaffen sollen, sollte mehr mit Babyboy in den Wald gehen, müsste all seine Entwicklungsfortschritte dokumentieren und wissen, was als nächstes ansteht, sollte immer im Blick haben, welche Untersuchung als nächstes dran kommt, ich müsste glücklicher und zufriedener sein und müsste morgens voller Elan aus dem Bett hüpfen und meinen Sonnenschein in Person begrüßen, hätte sollen müssen!
Ich versage. Jeden Tag. Mein Kind verzeiht. Jeden Tag.
Trotz Baby bin und bleibe ich eine Chaotin, ohne Überblick wichtiger Termine. Ich bleibe die Frau, die aufgrund ihrer Biologie nicht ausreichend stillen kann. Ich bleibe die Mama eines Zuselwusel, der nix von Familienbett und Getragenwerden hält. Ich bleibe Miriam, die sich für Sport schwer überwinden muss und viel zu gerne, viel zu viel Schokolade essen möchte. Ich bleibe die Frau, die morgens einen möglichst friedlichen, gleitenden Start in den Tag braucht, frühestens ab 7 und nur für mich. Ich bleibe die Frau, die beim Haushalt die Oberflächlichkeit bevorzugt.
Meine Eigenschaften und Fehler haben sich durch die Geburt meines Sohnes nicht verändert. Ich bin, auch wenn ich mich nach der Geburt wie eine fühlte, keine Heldin geworden. Es entwickelten sich bei mir keine Superkräfte, um auf die Bedürfnisse meines Kindes OPTIMALST, nach besten wissenschaftlichen und müttersemiwissenschaftlichen Erkenntnissen einzugehen. Ich bin ich. Mit meinen Fehlern und mit denen muss auch ein kleines unschuldiges Kind aufwachsen. Und ich muss auch damit leben lernen.
Ich versage. Jeden Tag. Mein Kind verzeiht. Jeden Tag.

Geständnis Nr. 6: Ich bin zornig und verletzlich geworden.
Meine Fehlerhaftigkeit aus Nr. 5 macht mich oft zornig und frustriert. Ich ärgere mich seit 19 Monaten darüber, wenn ich meinen Sohn vor sieben, manchmal sogar nach sieben, quaken höre und weiß, sein Tag hat schon begonnen, während mein Gehirn sich noch in Tiefschlaf befindet. Wenn ich höre, wie die meisten anderen Mamas schon lange vor den Kindern aufstehen, um noch Zeit für sich ODER HAUSHALT haben, dann werde ich klitzeklein mit Hut. Ich - ich werde einfach nur zornig. Dann winde ich mich im Bett, schimpfe wie ein Rohrspatz und jammere vor mich hin, wie arm ich doch bin. Ja, so mach ich das. Und, wenn ich mich dann eingekriegt habe, dann kanns los gehen. Ich liebe leidenschaftlich und ich kann auch leidenschaftlich zornig sein.
Zu meinem auflodernden Zorn bin ich auch noch verletzlich geworden. Nichts mit Fels in der Brandung und nur die Ruhe bewahren - das war mal. Ein falsches Wort oder ein falscher Blick, vor allem in Bezug auf meinen Sohn, treffen mich wie ein feuriger Pfeil. Ja, nicht nur mein Bauch ist weich geworden....

Geständnis Nr. 7: Ich habe mich verliebt.
Ich habe mir das vielleicht schockierendste Geständnis für den Schluss aufbewahrt. Ich habe einen sehr lieben Mann, der wirklich sein Bestes und alles für mich gibt. Er war auch immer genug.
Aber...jetzt habe ich mich neu verliebt. Ich hätte niemals damit gerechnet, aber es hat mich einfach völlig überfahren. Die ganzen Gefühle. Ein ganz neues Kribbeln. Eine ganz neue Dimension vom Verliebtsein. Zuerst dachte ich mir nichts, ich dachte es hätte sich nichts verändert zwischen mir und meinem Mann. Aber dann traf ich IHN...
Da ich es amtlich und öffentlich machen will.
Ich habe mich in den Vater meines Sohnes verliebt.
Er ist umwerfend. Liebevoll. Stark. Gutaussehend. Leidenschaftlich. Ein Traum von einem Mann. Ein hingebungsvoller Vater.
Er ist eine noch viel bessere Version meines Mannes, ein Segen.

Geständnis Nr. 8: Das Banalste ist außergewöhnlich genug.
Nichts bringt mein Herz so zu singen, wie der Anblick meiner Männer. Vor einiger Zeit flashte mich eine Situation, die bei uns fast täglich so vorkommt: Meine neue Liebe und mein Sohn plantschten in der Badewanne, um Essens-, Sand- und Drecksreste ab zu schrubben. Mein Mann trällerte zu einem Rock-Klassiker, der aus unserem Badeentenradio schallte, während mein Sohn sich freudig quakend Wasser über den Kopf goss. Beide im wunderbaren Adamskostüm, die Bäuche gemütlich dem Feierabend entgegengestreckt. Ich nutzte die Zeit, um schnell mit dem Staubsauger durch die Wohnung zu flitzen und die gröbsten Verunreinigungen am Boden verschwinden zu lassen, damit es nicht so knarzt, wenn man drüber läuft. So öffnete ich auch die Badtür, um auch diesen Raum schnell in Angriff zu nehmen. Und da saßen sie. In der Wanne. Mein Leben. Die Lieben meines Lebens. Mein Glück. Der größte Segen und mein größtes Ärgerniss, dass mir Gott anvertraut hat. Und mein Herz wollte übergehen vor lauter Liebe für das hier. Und ich erkannte die Schönheit und den Zauber im Einfachsten, Alltäglichen -

Ich gestehe: Es ist perfekt, so wie es ist!

16. Juni 2016

45h

Ich sitze hier am helllichten Tag und schreibe am viel zu lange ausstehenden Blogeintrag. Nochmal, es ist helllicht. Nicht erst abends, wenn meine kleine Düse im Bett ist. Der Grund: ich hab Urlaub. Urlaub? Du bist Mama. Den gibts nicht. Genau so wenig wie Wochenende.
Ja, das geht. Ich habe 45h Urlaub vom Mamasein.
Mein Mann hat ein Abenteuer vorgeschlagen, für einen Arbeitstermin in Vorarlberg einen Zwischenstop bei seiner Zillertaler Familie einzulegen, dort zwei Nächte zu bleiben UND unseren Sohn mit zu Oma zu nehmen. Bumm! Kennt ihr das, wenn Herz und Kopf irgendwie verschwimmen und zu allem irgendwie "JA, bitte" und gleichzeitig "NEIN, auf keinen Fall" sagen? Beide wustten,  dass es a) gut tun würde und b) übehaupt kein Problem werden würde, da unser Sohnemann die Abwechslung, das Tületü der dortigen Verwandten und die tollen Ausflüge zum Familien-Bauernhof lieben würde. Was aber einer Mama dann so durch den Kopf geht lässt sich ungefähr so darstellen:

Hmmmmm.Wäre schon toll.Irgendwie.So richtig.Was ich da alles machen könnte.So nur mit mir.ABER MEIN BAAAAABYYYYY!Wenn er das Trauma seines Lebens bekommt, weil er aufwacht und KEINER, weder Mama oder Papa da sein werden (1x).Und sie wissen doch seine Gewohnheiten nicht. Und er braucht doch dies Ritual und den Ablauf.Und wenn sie nicht auf ihn eingehen.UND WENN ER MICH VERMISST UND ICH SO WEIT WEG BIN.Und wenn er mir das nie verzeihen wird, dass ich ihn in Stich gelassen habe.Und er dann eine Bindungsstörung bekommt und später kriminell wird.Und wie wird er schlafen?Er schläft doch so unruhig.aber schön wärs schon...so ganz alleine...so nur für mich...rumhängen, alles stehen und liegen lassen, nix in Sicherheit vor Babyzilla bringen müssen...hmmm...in die Stadt fahren....shoppen...mmmhmmm..ABER MEIN BABYYYYY...

Ich denke, man merkt - schwierige Sache so eine Entscheidung. Mein Mann organisierte und regelte alles immer mit dem Beisatz "aber wir behalten uns Planänderungen vor, da sich Miri emotional noch nicht entscheiden hat". Es fiel mir tatsächlich leichter, dass ich nicht gleich voller Enthusiasmus bzw. Verstörung "JA, unbedingt" bzw. Nein, auf keinen Fall!" gesagt habe. Ein "Jein...!!??" half mir mich nicht als allzu schlechte Mutter zu fühlen, die ihr Kind in die Fremde schickt.
Der Tag rückte näher und ich fing zu planen an, was ich mit meiner freien Zeit anstellen könnte. Also war die Sache spätestens da entschieden, wo ich den Kram meines kleinen Wildlings zusammenpackte. Solch 45h müssen schon gut geplant sein. Für Mama vor allem. Damit sie nicht weint. Also - ein ablenkender, unterhaltsamer, aber nicht zu intensiver, gechillter Ich-darf-wiedermal-nur-ich-sein-Plan musste her. 

Der Abschied überrumpelte mich dann aber dennoch, nachdem der Vormittag, wie auch schon der Abend davor, nahezu idyllisch im Wissen, der nahenden kurzen Trennung, verlief. Ich legte so viel fürsorgliche, bindungsorientierte, pädagogisch wertvolle, mütterliche Liebe in unser gemeinsames Waschen, Jausnen und Spielen, wie selten zuvor. Innerlich mein Herz betankend und loslösend.
Dann war es soweit, ich merkte, wie ich es etwas hinauszögern wollte, dass ich ihn ins Auto setze. Beim Abschied musste ich mir ein, zwei Tränchen verkneifen, da der Herr Papa mich etwas belächelnd, aber natürlich total verständnisvoll beobachtete. Mein Sohn verhielt sich, freudig aufgeregt dem Ausflug hineifernd so als würde er sich denken: "Was hat denn die Alte? Dieses ewige Geschmuse und Gedrücke nervt enorm!" Man muss dazu sagen, dass mein Sohn kein besonders starkes Bedürfnis nach extra Kuscheleinheiten hat und einfach am liebsten ständig rumwuseln möchte, ohne durch Umarmungen eingeschränkt zu werden.

Und dann stand ich da...so erschreckend frei. Und was macht man, wenn man so frei ist? Man bringt erstmal die Wohnung in Ordnung. HA! Aber diesmal, lass ich alle Türen offen stehen, befinde mich im Staubsaugtechnischen Fluss, statt im Stop and Go mit Kleinkind! Kurz darauf war ausgemacht, dass von meinen Schwä(gerinundSchwe)stern abgeholt werde, damit wir Erdbeeren pflücken gehen. Eine weitere Stunde um. Danach nahm ich mir die Zeit, die Erdbeeren verarbeitungsbereit zu verstauen - so total hausfräulich. Ja klar, die meisten Mamas machen das mit links während sie Blaubeerengelee machen, ihr Getreide mahlen, die Hecke schneiden und den Garten bepflanzen. Ich kanns nicht. Vielleicht weil ihre Kinder mal in der Sandkiste sitzen und Sandmenüs zaubern oder ungekochte Nudeln von einer Schüssel in die andere schütten. Meiner machts nicht. Meiner saust herum, ständig und ohne Ruh, zerlegt, reißt herunter, quakt, wühlt, matscht, nimmt in den Mund...tjo.
Gibt es unter meinen LeserInnen auch einige, die so wie ich sich auch meistens, wenn sie "altersgerechte" Tips oder altersspezifische Qualifiaktionslisten in Erziehungsratgebern sehen, denken: Also MEIN Kind macht/kann/will/tut DAS nicht ? Naja, andere Geschichte. Ich war ja bei meinen Erdbeeren. Danach kam meine BFF zum Chillen, dann haben wir uns Flammkuchen, einen low carb einen mit carb gemacht. Tja, was man halt so macht.
Gegen Abend hin hatte ich eine Art Phantom-Schmerz und hörte immerzu das Babyphone rauschen, obwohl weder Baby noch Babyphone im Haus waren. Beflügelt durch mein "so-tun-als-hätte-man-noch-kein-Kind" wurde lauter gesprochen, Türen lässig ins Schloss fallen gelassen, durch den Hausgang gestapft, Licht eingeschaltet, Türschlösser beherzt umgedreht, Zeug herumliegen gelassen (auch Scheren und Messer!!) und unnötig getönt.Großartiges Gefühl. Einen großen Fehler beging ich, ich ging in das leere Zimmer und stellte fest, wie mein Söhnchen doch wundervoll duftet und dieser Duft sogar in seinem leeren Zimmer schwebte. O o o o o, da musste ich kurz den Geschmack der Sehnsucht und des Verlassenwerdens herunterschlucken. Es klappte.
Ich stellte mich auf meine erste durchschlafene Nacht seit ca. 20 Monaten (inkl. Schwangerschaft) ein. Sie dauerte bis 3 Uhr, danach bis um 6 Uhr und um halb 9 prügelten mich die Rückenschmerzen vom Liegen aus den Federn.
Am nächsten Tag war shoppen geplant. Mit dem Zug in die Stadt, mit einer Freundin treffen - bummeln. So wie in meiner Zeit als Studentin. Es war herrlich, als hätte es nie aufgehört. Mit der einzigen Veränderung, dass mir beim Anblick kleiner Kinder und Babys ein innerliches Seufzen entfleuchte und die Hälfte der geshoppten Beute Mini-Klamotten waren. Aber sonst - wie immer.
Zuhause angekommen, tat ich NICHTS. Und das auf der Couch. Allein. Danach trieb mich das schlechte Gewissen, aufgrund der wenigen Sonnentage bei uns, in den Garten, um dort NICHTS zu tun. Der Abend liegt noch vor mir, er ist noch jung. Heute.
Ich habe keine Verantwortung, keine Verpflichtung, keine innere Unruhe, noch etwas erledigen zu müssen. Ich bin nur für mich da. UND ich genieße es. In vollen Zügen. Darf man das als Mama überhaupt so sagen? Nein, auf keinen Fall. Ich kann doch ohne mein Kind nicht! Also, ich kann. Ein paar Tage kann ich das sehr gut. Aber als Mama will man doch sein altes Leben gar nicht mehr. Doch. Manchmal schon. Und mal kurz Urlaub in dieses alte Leben zu machen, um ein bisschen auf zu tanken, ist möglich und angenehm.
Und Morgen? Da schlaf ich aus und freue mich wie ein verliebter Teenager auf meine zwei Männer und werde voller Hingabe und Energie wieder Mama sein. Ich werde ihn knuddeln, er wird schnell das Weite suchen, weils doch so viel andere wichtige und interessante Sachen zu tun und zu entdecken gibt und ich werde ihm zuhören, was er so zu erzählen hat von den "mumumuuuhs" und den "wauwauwaus" und der "Ama" und dem Apo" und ganz viel "gugglguggl". Hach, wie ich mich auf meinen kleinen Hasen freue...

Und auf meine nächsten 45h Urlaub - irgendwann mal wieder ;)

26. April 2016

Von der Freiheit leerer Fensterbänke...

Als ich neulich meiner Freundin mit Glanz in den Augen erzählte, dass mein Mann und ich ein gemütliches Frühstück in einem tollen Café (the bakery by Didi Maier) genießen konnten, während sich unser seit einer Woche endgültig zweibeiniger Sohn in der Spielecke vergnügte und fröhlich glucksend sein Terrain entdeckte, stellte diese etwas verdutzt über meine Euphorie (wohl, weil noch kinderlos) fest: Wenn man Kinder bekommt, wird den Eltern irgendwie mit dem Tag ihrer Geburt jede persönliche Freiheit geraubt und dann Stück für Stück wieder zurück gegeben. Das klingt vielleicht etwas ernüchternd und so gar nicht rosig. Aber irgendwie hat sie halt echt Recht damit. Wenn ich jetzt sage, dass aber genau diese kleinen Freiheiten, die man wiedergewinnt um so viel schöner sind, weil sie viel bewusster wahrgenommen werden, dann macht das Mamas und Papas to be wahrscheinlich auch nicht viel mehr Mut. Naja, was solls, ist ja auch mein Blog - und ich genieße diese kleinen wiederkehrenden Freiheiten. Viele Kleinigkeiten haben dann so einen Touch erstes-Mal-feeling. Liegt vielleicht auch daran, dass es ja das erste Mal ist. Klar war ich schon oft mit meinem Mann nett frühstücken. Aber noch nie als Mama mit meinem Mann, der jetzt der Papa meines Sohnes ist, welcher (also der Sohn, nicht der Papa) sich dabei ganz alleine, auf zwei Beinen stehend, in der Spielecke beschäftigt und immer mal wieder vorbei kommt, um sich einen Bissen seines Bio-Dattel-Zimt-allesnurnichtWeizen-undwasweißich-Keks zu holen. Das erste Mal eben.

Apropos, Freiheit und so. In jeder zweiten gratis Drogeriezeitschrift kann man davon lesen, wie befreiend es sein soll, wenn man sich von unnötigem Ballast löst. Mein Sohn ermutigt mich gerade wie nie zuvor dazu, Ballast abzuwerfen und sich von Unnötigem zu trennen. Nämlich von Dingen. Dingen auf Fensterbänken. Und Schränken. Dekokram, Blumentöpfe, Vorratsbehälter, Bücher - alles was so in 86cm + Kleinkindarmlänge + Go-go-gadgeto-Kleinkinderfinger Höhe erreichbar ist und mit Sicherheit von dort angegrabscht und zu Fall gebracht wird und dann entweder in wilden Mama-Schreckszenarien entweder Babys Kopf oder den schönen Parkett kaputt machen - beides NICHT GUT, GAR NICHT GUT.

Zweibeinigkeit ist im Allgemeinen sehr praktisch. Ich kann nun mein Kind abstellen, einfach so. Es hat Schuhe an und die sind für dreckige Untergründe gemacht. Und wenn man dann das Kind kurz abstellt, bleibt es stehen (bzw. watschelt natürlich sofort los). Toll. Tolle Funktion. Toll ist auch, dass zwei Beine so viel leiser sind, wie vier. Bubi kann sich nun viel besser irgendwohin schleichen und das tun, was im Moment sein Job ist - Dinge erforschen, anders gesagt, Quatsch machen, Tuben ausdrücken und den Inhalt verteilen, Gegenstände auf Geschmack und Konsistenz testen, Zimmer verwüsten, usw.
Falls jemand "The walking dead" kennt - ich hab jetzt so eine Reality-Show Version "the walking living" bei mir Zuhause. Man stelle sich ein entzückendes zwergähnliches Menschlein, mit leichtem Hohlkreuz, Windelpopo und tapsigen Watschelfüßchen vor, welches unentwegt in der Wohnung umher wandert und sich an seiner neuen Fähigkeit mit einem begeisterten "gugglgugglguggl" erfreut.
Wie man ja aus der Entwicklungspsychologie weiß, hängen die motorische Entwicklung und die geistige Entwicklung eng zusammen. Was sich natürlich auch bei Mini-Funky zeigt. Seine Welt hat sich enorm vergrößert, die Grenzen seiner Mobilität und seiner Kreativität erweitert. Da Wollen und Können momentan nicht kongruent sind, sind sein tägliches Patrouillieren, von einem unangenehmen (für das Umfeld) Suder-Motz-Dauerton der Unzufriedenheit begleitet. Es ist aber auch verständlich, das kann schon mal frustrieren. Mit Frust umzugehen müssen wir beide gerade täglich, stündlich und minütlich lernen. Ob es bei mir das gefühlt 356.981ste "Neiiiin!?" ist, während Sohnemann frech grinsend das 356.981ste Mal die Stehlampe umreißt oder wenn ich es nicht zulassen kann, dass er das fünfte Taschentuch aufisst - wir lernen jeden Tag mit unserem Frust umzugehen. Bis wir uns irgendwo einigen - bei leeren Fensterbänken zum Beispiel.

Foto by Doris Heinrich Photography

23. März 2016

One of those days...

...schrieb neulich eine Freundin und ebenso wie ich Jungmama aus Holland unter einen Post auf Facebook, der folgendermaßen lautete:

"Drei Stunden Nacht. Dauerplärrendes, quäkendes, jammerndes, völlig übermüdetes Kleinkind. Fünf Sorten Gemüse geschnibbelt. Essen verbrannt. Kleinkind in den Schlaf gestreichelt trotz hochakuter Mama-Aggression. Zitternd verbranntes Essen runtergewürgt. Sind ja so gesund, die vielen Vitamine. groß.artig!"

Auf diese Episoden, die sich nachts und dem darauf folgenden Vormittag abspielten folgte am Nachmittag ein Sturz, die Treppe hinab, auf den Allerwertesten bzw. die darunterliegenden Knochen, die ansonsten sehr gut verpackt sind, sowie auf meinen Ellenbogen - aber nicht bloß so, sondern auf den Nerv, den wir hier liebevoll und ebenso treffend das "narrische Boandl" nennen. Danach fühlte ich mich für 30 Sekunden wie auf einem Drogentrip, jammerte vor mich hin bis ich langsam wieder alle Sinne beisammen hatte. Konnte meinen Arm daraufhin für gut eine Stunde nicht richtig spüren. Achja und zu meinem Glück hatte ich eine Schale Erdbeeren mit Joghurt in der Hand - oder dann halt eben auf Teppich, Treppe, Hose und Shirt.

Einer dieser Tage eben.

Es gibt sie, diese Tage. So wie die meisten Liebeslieder von Trennungen oder unglücklicher Liebe inspiriert sind, entstehen auch meine Posts irgendwie immer, wenns grad nicht prickelnd läuft. Sieht man es in Summe weckt das hoffentlich keinen falschen Eindruck. Wie auch bei den dramatisch, romantischen, sehnsuchtsvollen Liebeslieder - es sind immer noch Liebeslieder. Und die Liebe wird ja bekanntlich so oft besungen, weil sie das/der großartigste, umwerfendste, genialste, größte Gefühl/Zustand überhaupt ist - und weil es dort wo das hellste Licht scheint eben auch den dunkelsten Schatten gibt. So ist das beim Muttersein ebenfalls.

Diese Tage eben. Die einen, die besch...eiden anfangen und du beim ersten Heulen, um 10 vor 6 weißt: "not. my. day!" Dann ist Sand im Getriebe, dann reiben wir uns, mein Söhnchen und ich. Da bin ich sofort auf 180 und mein Sohn tritt noch mal aufs Gas. Da ist miese Laune und es läuft nicht nur eine Laus über meine Leber, sondern ein 11kg Kleinkind stolpert darüber. Da ist Kuscheln eher Wresteln, Wickeln eher die Packstation beim Metzger, Spielen NICHT LUSTIG und Essen wird zur negativ-aggressiv inspirierten Aktionskunst. Dann bleibt dir nur noch die Hoffnung auf den Feierabend, dann wenn dein Gegner, äh Kind, im Bett ist, die Hausarbeit getan, das workout hinter sich gebracht, der diszipliniert umgangene Schokoladenamok umgangen ist und man merkt, dass es 22 Uhr ist und du deine viertel Stunde pure, faule, anspruchslose Existenz feierst. Gefolgt wird das Ganze von einem 2-stündigen Einschlafkampf mit dir selber, in dem du grübelst, ob es vielleicht doch besser für alle beteilgten Parteien wäre, wenn dein Kind ein Einzelkind bleiben würde und man in angespannter Furcht vor dem mitternächtlichen (hoffentlich) ersten Erwachen des Kindes völlig erschöpft und todmüde kein Auge zumachen kann. Diese Tage eben.

Und dann gibt es die Tage, an dem du merkst, dass du ganze 6 Stunden durchgeschlafen hast und von einem fröhlichen Gebrabbel aufegweckt wirst. Erholt und super gelaunt eine Portion Guten-Morgen-Gekuschel mit Maxi-Baby genießt, der weicher und kuscheliger und schnuckeliger und googglgoggl (Wortneuschöpfung meines Sohnes für einfach ALLES) nicht sein könnte. Und in heiterer, entspannter Atmosphäre den Tag gut gelaunt beginnst, mit einer Portion Kitzeln und in-den-Bauch-Prusten am Wickeltisch und einem lockeren, geselligen gemeinsamen Brunch. Als Krönung findest du dich dann noch zu Bi-Ba-Butzemann tanzend im Wohnzimmer, nachdem du MIT spielenden Kind noch ein paar Bauchübungen machen konntest. Läuft würde ich sagen.
Diese Tage eben...die gibts auch. Und in meinem Fall (den man erhält, wenn DU im Text, dass "man" durch ICH ersetzst) fanden diese zwei Tage, einer Schatten, einer Licht, an zwei aufeinanderfolgenden Tage statt. Also, Hoffnung nie aufgeben und nicht zuviel erwarten, denn der nächste Tag kann dir one of these days bringen...so oder so. So halt.

1. März 2016

Über miese Laune...

Es ist mehr als ein Monat vergangen seit dem letzen Post - aber das doch auch nur weils der Februar ist, der macht uns mit seinem Sparprogramm (nimm 31, zahl 29) vor, dass ein Monat noch viel schneller vorbei geht. Ok, das war eine Ausrede - es gab einfach keine Zeit, keine Ideen und vor allem keine Lust etwas zu schreiben.
Man merkt schon, miese Laune liegt in der Luft. Irgendwie ist mir momentan nicht so nach...allem. Kein-Bock-Monate sozusagen. Es gibt ein paar Glanztage, meistens am Wochenende und es gibt ganz besonders üble. Aber alles in allem ist bei mir grad eher so miese Laune angesagt. Wieso? Keine Ahnung. Mein Söhnchen ist anstrengend. Kleinkind halt. Seine Entdeckungsreisen sind für mich dann in etwa so wie der doofe Stein, den der Sisyphos den Berg raufrollen "wollen sollte". Schublade auf, Saustall raus, Saustall rein räumen, nächste Schublade auf, Saustall raus, Saustall wieder rein räumen and so on...wobei ich ja sagen muss beim Ausräumen unserer Schubladen habe ich schon große Toleranz entwickelt und alles andere hat eine hässliche IKEA-Kindersicherung. Hohe Toleranz deshalb, weil WENN er Schubladen ausräumt bedeutet das, dass er spielt! Allein. Und das bestimmt für ganze 15-30 Sekunden! Das ist Gold wert. Denn in dieser Zeit kann man eine Menge erledigen, bevor Sohnemann wieder daran denkt, dass ALLES was Mama macht viel cooler ist als sämtliches Spielzeug, dass zum Angebot steht. Achja und dann gibt es natürlich noch einen Küchenschrank, der sich nicht kindersicher verschließen lässt, der im Eck mit den schweren Töpfen, Pfannen, Glasdeckel, und allerlei anderen spitzen, kantigen, schweren, gläsernen, kaputtbaren und gefährdenden Dingen...dieser Küchenschrank ist unser Kriegsgebiet - jeder von uns hat seine Besitzansprüche darauf und die werden mit allen Mitteln verteidigt. Während ich zu Gegendruck mit Oberschenkel, Knie oder anderen gerade freien Körperteilen und einigen ausdrucksstarken "NEIN!" greife, wenn psychologisch ausgeklügelte Täuschungs- und Ablenkmanöver nicht fruchten (tun sie nie), bedient sich mein werter Herr seiner Kernkompetenz in den Variationen quengeln, zu österreichisch noch treffeder ausgedrückt "bitzln" bis zu einem fragwürdigen Verzweiflungsakt des sich Hinsetzens, sich in der Körpermitte nach unten Klappens und den Kopf auf den Boden Wumsens. So verbringe ich also meine Vormittage damit diesen Küchenschrank zu verteidigen, meinem Sohn besser als jeder TV-Shop-Verkäufer seine Spielsachen schmackhaft zu machen und in den mir verbleibenden 15-30 Sekunden Eigenitiative meines Sohnes, welches ich durch 30minüiger Überzeugungsarbeit erreicht habe, eine(n) Kartoffel/Zwiebel/Kochtopf/Teil des Mittagessens zu schneiden/aufzusetzen/vorzubereiten. Im Endspurt meiner Essenszubereitung werde ich dann schließlich eine halbe bis dreiviertel Stunde von Geblöke, Geschimpfe und Gebitzle (Achtung österreisch) beschallt bis wir im Grande Finale völlig zermürbt, aber ebenso versöhnlich seelig am Küchentisch sitzen, während mein Prinz sein Mahl zu sich nimmt und gar frohlockt. Gut, die Seeligkeit führt dazu, dass ich mit einem übergroßen, zufriedenen, pauspäckigen Grinsen wohlwollend getätschelt werde. So als würde er sagen: "Bravissimo, meine Frau Mutter, es mundet gar vorzüglich." Hin und wieder wird mir sogar applaudiert. Großartiges Gefühl! Noch dazu folgt darauf der Mihiiiittttagsschlahaaaaf! Mittagsschlaf, dieses Wort ist Musik für meine Ohren. Nicht nur, dass ich einer der Kinder war, die es a) immer geliebt hat, Mittagsschlaf zu halten und b) nie damit aufgehört habe. Mittagsschlaf bedeutet, 1-2h Auszeit, Miri-Zeit, Ruhe, für sich selber denken, tun, sein...hmmmmmmm.
Nun ja, meine Lebenssituation macht mich keinesfalls traurig oder so. Sie macht mir nur gerade miese Laune und bereitet mir etwas Frust. Frust gepaart mit einem quängelnden Kleinkind, einem Mann, der gerade viel um die jobtechnischen Ohren hat UND Hormonen zwingen mich dann quasi fast in eine existentielle, und wenn nicht existentiell, dann bestimmt in eine Ehekrise. Bis ich dann herausfinde, dass es mit meinen Hormonen zu tun hat. Das Wissen schmälert dann zwar mein gegenwärtiges Gefühl nicht unbedingt, aber lässt mich hoffen, dass im Kern dann doch nicht alles ganz kurz vor dem totalen Zerbruch steht. Ja, aber wie sagt man so schön in der Mütter-Community: Es ist alles nur eine Phase, ase, ase, ase, ase...sorry musste meine Gedanken wieder aus der leeren Halle der belanglosen Phrasen sammeln.
Im Regelfall folgt an dieser Stelle, die zum Ende dieses Posts hinführen soll, eine Conclusio, eine Wendung, ein geistiger Abspann zum bildhaften, wortgewaltigen (#räusperräusper #Selbstlobstinkt #garnichtso) Hauptteil. Der wird aufgrund meiner Lustlosigkeit und miesen Laune diesmal aber ausbleiben. So schauts aus. Nächstes Mal wieder. Vielleicht. Man wird sehen. Hmpf.

26. Januar 2016

Vom eins Werden...

Wir sind eins geworden. Also, mein Sohn und ich. Achso, nein, wir sind nicht nur ein superduper, symbiotisches Team, sondern wir sind das auch ein Jahr lang schon. Um diese Zeit vor einem Jahr lag ich in den Wehen, ohne Pause und wusste nicht was mit mir geschieht vor lauter (sehhhhhhr lauten) unsäglichen Schmerzen - wie das halt so totaaaal normal ist, wenn man ein Baby zur Welt bringt (bringen ist ja solch Untertreibung). Um 21:49 Uhr lag meine Würmchen auf meinem Bauch und sein bloßes Dasein war alles, was jemals gezählt hat. Die Welt stand still und muss sich in diesem heiligen Moment des Er-Scheinens meines Kindes im Kern irgendwie gedreht haben, denn ab da war alles anders.
Ein Jahr bin ich also schon Mama meines ersten geborenen Kindes (man ist es ja davor auch schon und eines meiner Babys darf ich einmal im Himmel kennen lernen). Ein Jahr lang habe ich euch an meinen alltäglich-einzigartigen Erlebnissen teilhaben lassen. Ich habe mir des öfteren darüber Gedanken gemacht, wie es sein wird, wenn dieses Jahr vorbei ist, dieses eine viel zu kurze Babyjahr. Wie wird sich das anfühlen? Anders? Wird sich etwas ändern? Werde ich sentimental Tränen der Nostalgie und der Erinnerungen über die ersten Fotos vergießen oder werde ich mir eine geistige "I survived-High-Five" klatschen? Sollte ich den Blog dann schließen? "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne"...und danach?
Jetzt bin ich an diesem Punkt angelangt und muss feststellen, dass sich alles ziemlich normal anfühlt. Sentimentalität und Stolz mischen sich zu einem bunten Farbenspiel der Gefühle, die mich in diesem vergangenen Jahr begleitet haben. Mein fester Entschluss, jede Minute so gut es geht von dieser kurzen Babyzeit zu genießen hat mich aber davor bewahrt heute völlig durch zu drehen. Ganz im Gegenteil - es überwiegt die Neugier und Vorfreude auf das was kommt, denn ich habe es ausgekostet, mein kleines Bündel zu wiegen, anzusehen, mit meiner Nase sein Gesicht zu streicheln, seinen Duft aufzusaugen, jede Bewegung zu beobachten und ihn sooft wie möglich zu küssen. Und im Grunde haben sich zu diesen Erfahrungen einfach nur gut 30cm, 6 kg, 8 Zähne und das Kichern, Krabbeln, Grabschen, Staunen, Quatschen und Krabbeln eines Baby-Kleinkind dazu gesellt. Alles andere mache ich noch immer, nur werde ich halt jetzt auch angesehen, beobachtet, angequatscht, ange"aiii"t und geknutscht. Und wenn du glaubst, dass das, was du an Schönem und Wunderbarem erlebst nicht zu überbieten sei, dann wachst du auf und siehst dein Baby heranwachsen und kannst nur noch staunen.

Seit Wochen mache ich mir nun wieder Gedanken über diesen Post. Sinnlos, da ich sowieso ein totaler Impuls-Schreiber bin. Ich hatte vor meine Erfahrungen des vergangenen Jahres in einige weise Punkte zusammen zu fassen. Vorgestellt hätte ich mir "12 Punkte fürs erste Babyjahr"...
Jetzt sitze ich hier vor einem inzwischen nicht mehr ganz leeren Blatt (ähm digitalen, weißen Blatt) und es kommt mir nur ein einziger Satz, mein Credo der Elternschaft, in den Sinn:

"Do it your way!" Tut es auf eure Weise!

Lieben, Leben, Genießen, Erziehen. Versuche nicht jemand anderer zu sein, dich zu vergleichen oder jemanden nach zu eifern. Finde heraus, wer und wie du bist, wer und wie dein Kind ist und wer und wie deine Familie ist - und lebe! Ich glaube, dass gerade wir jungen Mamis uns viel zu viel vergleichen - ich tu es auf jeden Fall. Und sehr schnell ertappe ich mich dabei, dass ich mich als Versagerin fühle. Mein Mann weist mich immer mahnend darauf hin, wenn ich im halbernst, mich vor mir selbst entschuldigend sage: "ich weiß, ich bin jetzt eine schlechte Mama, aber..."
Zum Beispiel der erste Geburtstag. Ich war hin- und hergerissen zwischen "eiiigentlich sollte der Kleine doch nicht zuviel Zucker essen und Birthday-Boy-Mega-Themengeburtstagstorte backen". Also einigte ich mich mit mir auf Torte mit Zucker ist einfach zu super, aber bitte ohne Thema und ohne einen "wie verziere ich meine Überdrübertorte für Instagram und Facebook richtig-Kurs" belegen zu müssen. Also wurde es eine kleine Torte, mit simpler Marzipanverzierung. Für ein Facebook-Foto völlig ausreichend...dass sie meinen Sohn und die Gäste geschmacklich begeistert hat, war der Trost für meine vielen Tortenängste...noch einmal fürs Verständnis - es ging um TORTE! Und wenn meine Gedanken darum schon so einen Wirbel machen, kann man sich vorstellen, wie es sich mit anderen, vielleicht sogar wichtigeren Themen verhält.
Bullshit! Ich bin, wie ich bin. Und wir sind, wie wir sind.
Wir sind viel zu hause, wir lachen viel, wir küssen uns gerne, wir schlafen nicht gerne beieinander, wir schlafen unruhig, wir wollen uns frei bewegen und nicht so gern aneinander kleben, wir besuchen (noch) keine Babykurse, weil ICH es nicht mag, wir mögen Musik, hören aber nur ab und zu welche aus der Konserve, wir mögen Bücher, wir mögen Tiere und finden alles was weich und kuschelig ist super, wir lieben Menschen, wir teilen Aufgaben und Verantwortung als Eltern gleichermaßen und sind somit gleichgewichtete Bezugspersonen für meinen Sohn(was dem Mama-Ego manchmal ganz schon eins in die Magengegend verpasst hat), wir halten den Haushalt so ordentlich wie nötig, wir essen gerne, aber nicht ständig und auch Zucker, wir unterhalten uns gerne, wir singen, beten und segnen, wir sind laut und leise, wir sind wir. Wir machen´s auf unsere Weise.

Ja, ich denke, mit dieser, wenn auch nur einzigen, Erkenntnis kann ich zufrieden und neugierig in das bevorstehende Kleinkindalter starten - mit unserem Gepäck an Wir-Samkeit, die wir uns durch die Erfahrungen, die wir gemeinsam gemacht haben, erarbeitet und lieben gelernt haben.

Ich werde darüber berichten.